Wolke Donners Rachefeldzug

Hamburger Morgenpost, 29.09.1993

„Die Eroberung der Mitte“ in Hamburg – ein Drehbericht

Drehort Hamburg: Die Elbschloss-Brauerei in Nienstedten ist umstellt von riesigen Scheinwerfern. Vor dem Eingang kringeln sich Kabel, versperren Spanplatten den Weg. Mittendrin im Chaos steht die obligate Thermoskanne mit dem heißgeliebten Kaffee. Sie ist Zentrum für das Filmteam um Robert Bramkamp, der zur Zeit an der Elbe seinen neuen Film „Die Eroberung der Mitte  dreht. Bettina Hennig war dabei.

Hauptfigur der „Satire über Medizin, Liebe, Sex und Gesprächsformen  ist der dubiose Therapeut Mark Stroemer (Peter Lohmeyer). Mit dem Seelenboom der 80er hat er Guru-Status erlangt, in den 90ern propagiert er die ertragreiche These „Krebs ist heilbar! . Doch auf dem Höhepunkt seiner Karriere taucht Wolke Donner (Karina Fallenstein) eine betrogene Ex-Patientin, auf, um ihm einen Strich durch die Rechnung zu machen. Die Schlüsselszene ihres Racheplans soll jetzt in den Kasten: Wolke hat sich die Haare umgefärbt und bewirbt sich nun bei Mark Stroemer als Assistentin. Während er sein Gegenüber nicht erkennt und über seine Zukunftspläne schwadroniert durchforsten ihre Blicke gierig den Raum. Doch bis jede Geste sitzt, muß noch ein bißchen geübt werden. Die Hauptdarstellerin beschwert sich über eine Regieanweisung. Nach einer kurzen Debatte lenkt Bramkamp ein. Alles von vorn.

Die nächste Probe stoppt der Tonmann. Ein offenes Fenster stört beim Auspegeln. „Das steht aber so im Drehbuch! „, raunzt Aufnahmeleiter Hans Kotter. Im Klartext: Keine Änderungen! Sehr zum Verdruß des Tonmeisters. Prompt fliegt denn auch ein Airbus über das Gelände. Noch mal!

Als die Szene im Kasten ist, liegt das Team vierzig Minuten über dem Zeitplan. Folglich fällt die Mittagspause kurz aus. „Wir müssen etwa vier Minuten pro Tag drehen. Das ist für einen Spielfilm sehr viel“, sagt Regisseur Robert Bramkamp. Natürlich setzt ihn auch ein selbstgestecktes Ziel unter Druck. Er will im Januar beim Max-Ophüls-Nachwuchs-Festival dabei sein. Bis dahin gibt es noch eine Menge zu tun.

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